Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Cum-Ex Steuergeldaffäre“ vom 23. April 2021

Mitteilung der Betroffenenvertreter Dr. Gauweiler und Prof. Dr. Thomas Fischer zu den Eröffnungserklärungen gem. § 19 Abs. 3 UAusschG

In der Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Cum-Ex Steuergeldaffäre“ (PUA) vom 23.04.2021 wurden die Eröffnungserklärungen der Betroffenen, der Herren Dr. Christian Olearius und Max Warburg, durch ihre Vertreter, Herrn Rechtsanwalt Dr. Gauweiler, Herrn Prof. Dr. Bernd Schünemann, Direktor des Instituts für Anwaltsrecht an der LMU München sowie Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D. abgegeben. In der Sitzung vom 16.04.2021 hatte bereits Herr Rechtsanwalt Dr. Klaus Landry (Kanzlei Graf von Westphalen) eine Erklärung abgegeben.

Alle drei Betroffenenvertreter haben unter Hinweis auf die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung des Bundes sowie der Länder und auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Verweigerung der Gewährung von Akteneinsicht sowie die Einräumung eines Beweisantrags- und Fragerechts gegenüber den Betroffenen durch die Hamburgische Bürgerschaft im Rahmen einer politischen Entscheidung beanstandet und den Untersuchungsausschuss aufgefordert, dies zu korrigieren.
In der Sache haben die Betroffenenvertreter auf die Legitimität schriftlicher und mündlicher Eingaben von Bürgern und Unternehmen an Ihre gewählte Volksvertretung – ein durch Art. 17 GG verfassungsmäßig geschütztes Recht –, die gesetzliche Verantwortlichkeit ausschließlich der Depotbanken für den Einbehalt und die Abführung der Kapitalertragsteuer (die entgegen der medialen Darstellung für die M.M.Warburg zu einer doppelten finanziellen Belastung geführt hat), die Beteiligung staatseigener Landesbanken an „Cum-Ex“-Transaktionen sowie die mediale „Sündenbockprojektion“ zu Lasten der M.M.Warburg hingewiesen.

Die Eröffnungserklärungen finden Sie in Anhang zu dieser Pressemitteilung sowie in Kürze auf unserer Kanzleihomepage unter „Aktuelles / Untersuchungsausschuss Cum Ex Steuergeldaffäre / Archiv.“

Im Rahmen ihrer Eröffnungserklärungen haben die Betroffenenvertreter folgende Beweisanregungen:

  • Die Vernehmung des Herrn Staatssekretär Jörg Asmussen als Zeugen zur Aufklärung der Tatsache, warum sich entgegen der schriftlichen Empfehlung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken vom 22. Juli 2009 das BMF gegen die gesetzliche Beteiligung der Clearstream AG zur Verhinderung von „Cum-Ex“-Transaktionen entschieden hat.Die Ladung von Herrn Vorsitzenden Richter am Finanzhof Hessen Helmut Lotzgeselle als sachverständigen Zeugen für die Frage nach der Verantwortung der Depotbanken für Einbehalt und Abführung der Kapitalertragsteuer gem. § 44 Abs. 5 EStG.
  • Die Vernehmung des Herrn Justizminister des Landes NRW Biesenbach als Zeugen für die Gründe der Zuständigkeitsverschiebung in dem Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Angehörige der WestLB im Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Transaktionen sowie die Beiziehung der Akten des Ministeriums. In diesem Zusammenhang beantragen wir ferner die Beiziehung des Berichts über die Sonderprüfung der WestLB durch die BaFin nach §§ 44 ff. KWG aus dem Jahr 2007.
  • Die Vernehmung des Präsidenten der Oberfinanzdirektion Frankfurt, Herrn Jürgen Roßberg, sowie von Frau OStA Brorhilker als Zeugen für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Dr. Steck vor dem Landgericht Bonn.
    Die Einholung eines Gutachtens der Bundesrechtsanwaltskammer, ob und inwieweit die Staatsanwaltschaft Köln berechtigt war, einen Rechtsanwalt (Anmerkung: Herrn Rechtsanwalt Dr. Steck) zu einem Verrat von tatsächlichen oder angeblichen Mandantengeheimnissen anzustiften und ob damit eine strafbare Verletzung des Anwaltsgeheimnisses (§ 203) und des Parteiverrats (§ 356 StGB) verbunden war.
  • Die Vernehmung des Herrn VRiLG Zickler – 12. Großen Strafkammer des LG Bonn – zur Verletzung des Dienstgeheimnisses im Zusammenhang mit der Vernehmung der Finanzbeamtin Petersen und des Zustandekommens der Falschmeldung über Frau Petersen, sie sei eine Freundin der verstorbenen Frau Katharina Olearius gewesen, zu deren „Petersilienhochzeit“ eingeladen gewesen und der Vater von Frau Petersen habe als Notar Beurkundungen für die M.M. Warburg durchgeführt.
  • Die Beiziehung der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Köln in den Strafverfahren gegen ehemalige Angehörige der HSH Nord.
  • Die Beiziehung der Ermittlungsakten gegen ehemalige Angehörige der WestLB und der Portigon AG.
  • Die Beiziehung der Prüfungsakten der BaFin und der Deutschen Bundesbank betreffend die M.M. Warburg & CO KGaA, die HSH Nord und die WestLB in den Jahren 2007 – 2012.
  • Die Vernehmung des ehemaligen Präsidenten der BaFin Jochen Sanio über den Wissensstand der BaFin zu „Cum-Ex“ in den Jahren von 2007 – 2011.
  • Die Vernehmung des der ehemaligen Vizepräsidenten der BaFin Elisabeth Roegele, des Exekutivdirektors Bankenaufsicht Raimund Röseler und des Referatsleiters Intensivaufsicht R5 der BaFin Ingo Wallenborn zur aufsichtsrechtlichen Praxis der BaFin um Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Transaktionen.
  • Die Vernehmung aller Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats der HSH Nord in den Jahren 2007 und 2011 zur Art der Kontrollsystematik innerhalb der Bank bei der damaligen Abwicklung von „Cum-Ex“-Transaktionen. Die Vernehmung der von 2007 bis 2011 für die Aufsicht über die HSH Nord zuständigen Finanzsenatoren Michael Freytag, Carsten Frigge, Herlin Grundelach und Peter Tschentscher zu den internen Vorgaben für die Durchführung von „Cum-Ex“-Transaktionen sowie die Beziehung der Akten der Finanzbehörde Hamburg im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung der HSH Nord.
  • Die Vernehmung des ehemaligen Mitgliedes des Aufsichtsrats der HSH Nord und Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG Hilmar Kopper zur Praxis von „Cum-Ex“-Transaktionen.

München, den 26.04.2021