10. Juni 2021

Pressemitteilung

Das Bundesverfassungsgericht hat auf Antrag von Dr. Gauweiler mit Urteil vom 05. Mai 2020 (AZ: 2 BvR 859/15, 2 BvR 1651/15, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 980/16) das PSPP-Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank für teilweise verfassungswidrig erklärt sowie ein diesbezügliches Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das nach einem Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichts ergangen ist, für unbeachtlich. Die Europäische Kommission hat gestern mitgeteilt, dass sie aufgrund dieses Urteils des Bundesverfassungsgerichts ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einleiten möchte. Aufgrund zahlreicher Anfragen an Herrn Dr. Gauweiler als Kläger in dieser Sache übermitteln wir im Folgenden seine Stellungnahme:

Die EU-Kommission missachtet die Volkssouveränität ihrer Mitgliedsstaaten und das Demokratieprinzip

Das Ultra-Vires-Prinzip ist unveränderbares geltendes Verfassungsrecht, das nicht Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens sein kann und geht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag vom 30. Juni 2009 (AZ: 2 BvE 2/08) zurück. Alle EU-Vertragsstaaten wissen, dass Deutschland ohne Beachtung dieses Prinzips dem Lissabon-Vertrag niemals zugestimmt hätte; dass EU-Organe nur innerhalb ihrer Kompetenzen handeln und diese nicht von Brüssel aus verschoben werden dürfen, war bisher Geschäftsgrundlage der Verträge.

Das von der EU-Kommission gestern eingeleitete „Vertragsverletzungsverfahren“ ist nicht nur vom Zeitablauf, sondern auch inhaltlich ein absurder Vorgang, weil es eines der Fundamentalprinzipien der EU selbst außer Kraft setzen will: Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung. Die EU-Kommission schadet sich damit selbst, weil sie durch diese Missachtung der Volkssouveränität ihrer Mitgliedsstaaten und des Demokratieprinzips die Zweifel an ihrer eigenen Vertragstreue zu den europäischen Verträgen weiter stärkt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Möglichkeit der Ultra-Vires-Kontrolle ohnehin auf das absolute Minimum beschränkt, z.B. auf Fälle, wo eine Auslegung der Verträge objektiv willkürlich ist oder die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages außer Kraft gesetzt wird.

Dr. Peter Gauweiler

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